Im berühmten Andante seines d-moll Streichquartetts komponiert Schubert nach dem Text von Matthias Claudius einen eisig eintretenden Tod und zeichnet ihn mit düsteren Mollakkorden – doch dieser Tod entpuppt sich auch als Freund, als Erlöser und rückt das Werk in ein Spannungsfeld zwischen Leben und Tod, Jugendlichkeit und Vergänglichkeit und liefert trotz bestürzender Todesnähe final Seelenbalsam. Im Doppeltanzabend Der Tod und das Mädchen, des Griechen Andonis Foniadakis und des aus Israel stammenden Eyal Dadon, ist der Tod nicht das Ende im endlichen Zyklus des Lebens, sondern ein Teil des unaufhörlichen Tanzes, der das Leben immer wieder neu entstehen lässt. Ein gelingendes Leben ist die Bereitschaft zum „Loslassen können“, zum „Zurücklassen können“, zum Abschied nehmen – dahinter verbirgt sich, als Inschrift am Tempel von Delphi formuliert: „Erkenne dich selbst“, als die Auseinandersetzung mit der eigenen Persönlichkeit. Der Tod und das Mädchen handelt vielleicht nur am Rande von der Welt nach dem Tod, sehr wohl aber von den letzten Dingen und unserem Umgang damit – der Mensch als Reisender, als homo viator, ein Weg-Geher, ein Pilger auf seinem Weg an ein fernes Ziel. Leben heißt Wandel und Wandern: Seelenwanderung und Seelenreise.
„Der Tod:
Gib deine Hand, du schön und zart Gebild!
Bin Freund, und komme nicht, zu strafen:
Sei gutes Muts! Ich bin nicht wild,
Sollst sanft in meinen Armen schlafen.“
Matthias Claudius
Andonis Foniadakis, ein auf Kreta geborener Tänzer und Choreograf, zählt zu den herausragensten Künstlern der Gegenwart. Bereits mit seiner Produktion Urlicht hat er mit seiner unverwechselbare Bewegungssprache in Kassel überzeugt, von intensiver Körperlichkeit, virtuoser Ausdruckskraft und atemberaubender Schnelligkeit geprägt, eine einzigartige künstlerische Energie und Dynamik verkörpert. Er gibt seiner Choreografie den Titel Der Tod und das Mädchen und nutzt die Musik von Schuberts Streichquartett d-moll, nach dem Gedicht von Matthias Claudius, welches vor allem im Andante con moto zum Tragen kommt und dem ganzen Werk seinen Namen gibt, hier in einer Orchesterbearbeitung von Gustav Mahler, die dem Werk ein sehr spezielles, oft samtiges und nahezu entrücktes Klangbild von Weltflucht schenkt.
„Als Choreograf fühle ich mich sehr von der emotionalen Tiefe und den zeitlosen Themen von Franz Schuberts Der Tod und das Mädchen angezogen. Die eindringlichen Melodien und die intensive Atmosphäre der Musik sprechen mich zutiefst an und inspirieren mich dazu, ein Tanzstück zu kreieren, das die menschliche Erfahrung von Sterblichkeit, Angst und Widerstandsfähigkeit erforscht. Durch Bewegung möchte ich den universellen Kampf zwischen Leben und Tod vermitteln und das Publikum dazu einladen, über die Zerbrechlichkeit und Schönheit der Existenz nachzudenken. Indem ich Schuberts Meisterwerk als Soundtrack für meine Choreografie verwende, kann ich seine reiche emotionale Landschaft erschließen und eine kraftvolle und ergreifende Erfahrung für Tänzer:innen und Zuschauer:innen gleichermaßen bieten.“
Andonis Foniadakis
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Donnerstag, den 23.01.2025
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